Eine Notwehrsituation hat mit Kampfsport oder Kampfkunst nichts zu tun.
Die Verwechslung von Notwehrsituation und (sportlichem Wett-)Kampf ist wahrscheinlich der Hauptgrund dafür, dass nahezu jeder ausgewiesene Kampfsportler, der sich plötzlich in einer Notwehrsituation (wohlgemerkt: nicht in einem männlichen Ritualkampf!) wiederfindet, nicht weiß, was zu tun ist.
Und mit all dem, was er über lange Zeit so eifrig trainiert hat, wenig anfangen kann.
Dies gilt auch (und vielleicht vor allem) für erfahrene Wettkämpfer und Sportler, die über Jahre täglich trainiert haben.
Kampfsport ist regelgeleitetes Tun. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird disqualifiziert.
In einer Notwehrsituation − so hat es der Täter entschieden − gelten keine Regeln. Wer sich hier an Regeln hält, verliert Gesundheit oder Leben.
Auch verändert sich in einer Notwehrsituation (nicht in einem Wettkampf!) die Physiologie des Körpers in einem Maße, dass die weitaus meisten (in der Regel: komplexmotorischen) Bewegungen, die in den Kampfkünsten trainiert werden, nicht mehr verfügbar sind.
Körpergröße, Kraft, Schnelligkeit, Kondition, Technik − auch all das ist nicht wirklich relevant.
Wer diese Parameter für wichtig hält und sie mit Priorität trainiert, hat nicht verstanden, worum es in einer Notwehrsituation wirklich geht.
Beantworten Sie für sich die Frage:
Möchte ich kämpfen lernen oder möchte ich lernen sicherzustellen, dass der Täter aufhört mit dem, was er tut?
Das ist ein großer, ein entscheidender Unterschied.
Unter uns: Ich liebe die Kampfkünste. Es sind wundervolle Wege (jap. DO) der Persönlichkeitsentwicklung. Mind Body Arts. Bedauerlich ist, wenn sie, und sei es nur aus Unkenntnis, zweckentfremdet werden. So freue ich mich also, dass die allermeisten Frauen, die meine Seminare besuchen, keine Kampfsporterfahrung haben. Sie haben weniger zu verlernen.